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Mißbrauch

SCHUFA-Plan ruft Poli­tik auf den Plan: Stopp der Face­book-Schnüf­fe­lei gefordert

Ungläu­bi­ges Augenreiben

Ob die­ser Mel­dung reibt man sich unwill­kür­lich die Augen und staunt: Die wohl bekann­tes­te Aus­kunf­tei in Deutsch­land — SCHUFA — plant, Nut­zer in den sozia­len Netz­wer­ken wie Face­book, Twit­ter und Xing aus­zu­spio­nie­ren und die Schnüf­fel-Ergeb­nis­se in die Bewer­tung der Kre­dit­wür­dig­keit des Ein­zel­nen mit ein­flie­ßen zu las­sen. Dies ver­mel­de­te heu­te Nacht NDR Info. Soge­nann­te “Pro­jekt­ideen” gehen sogar noch wei­ter (Aus­zug NDR Info):

  • Wel­che Infor­ma­tio­nen kön­nen aus “nicht-öffent­li­chen Quel­len” (dark web) gezo­gen werden?
  • Gene­rie­rung von elek­tro­ni­schen Iden­ti­fi­zie­rungs­da­ten (e‑mail-Adres­sen, e‑Postbriefadresse, facebook-ID …)
  • Rela­ti­onship Extra­c­tion, um Bezie­hun­gen zwi­schen Enti­tä­ten zu gewin­nen (Person/​Person; Person/​Unternehmen; Unternehmen/​Unternehmen). Mög­li­che Quel­len: Nach­rich­ten, Blogs, Wiki­pe­dia, sozia­le Netzwerke …
  • VIP-Iden­ti­fi­ka­ti­on: Auto­ma­ti­sier­te Iden­ti­fi­ka­ti­on von Per­so­nen öffent­li­chen Inter­es­ses, Ver­brau­cher­schüt­zern und Journalisten
  • Ad-hoc-Sen­ti­ment Ana­ly­se für Per­so­nen: Spe­zia­li­sier­te Per­so­nen­su­che, die neben struk­tu­rier­ten Infor­ma­tio­nen auch zuvor gesam­mel­ten Text­da­ten sowie ad-hoc-ange­frag­te Text­da­ten nutz, um ein aktu­el­les Mei­nungs­bild zu der Per­son zu ermit­teln. Mög­li­che Quel­len: Blogs, Twit­ter, Nach­rich­ten­sei­ten, Unter­neh­mens­home­page, Aktienkurs …
  • Jeweils Kor­re­la­tio­nen zur Boni­tät untersuchen

Zei­ge mir Dein sozia­les Umfeld und ich ent­schei­de über Dei­ne Kreditwürdigkeit

Bei Daten­schüt­zern und Poli­ti­kern stößt das Pro­jekt der SCHUFA auf hef­ti­ge Kri­tik. So äußert Jus­tiz­mi­nis­te­rin Sabi­ne Leu­theus­ser-Schnar­ren­ber­ger gegen­über SPIEGEL Online “Es darf nicht sein, dass Face­book-Freun­de und Vor­lie­ben dazu füh­ren, dass man zum Bei­spiel kei­nen Han­dy-Ver­trag abschlie­ßen kann.” FDP-Frak­ti­ons­chef Rai­ner Brü­der­le wird gegen­über SPIEGEL Online sogar noch deut­li­cher: “Die Plä­ne der Schufa gehen zu weit. Sozia­le Netz­wer­ke gehö­ren wie der Freun­des­kreis zur Pri­vat­sphä­re und dür­fen daher nicht von der Schufa ange­zapft werden.”

Die FAZ berich­tet, der schles­wig-hol­stei­ni­sche Daten­schutz­be­auf­trag­te Thi­lo Wei­chert nahm in einem Tele­fo­nat mit NDR Info wie folgt Stel­lung: “Hin­ter einem sol­chen For­schungs­pro­jekt steckt immer eine Absicht. Soll­te die Schufa die gewon­ne­nen Daten tat­säch­lich ein­set­zen, wäre das eine völ­lig neue Dimen­si­on.” Wei­ter­hin äußer­te er gro­ße Zwei­fel, ob eine sol­che Umset­zung der Pro­jekt­ideen recht­lich über­haupt halt­bar sei.

Theo­rie und Wirklichkeit

Aktu­ell rühmt sich die SCHUFA auf ihrer eige­nen Web­sei­te (Punkt 4.8), kei­ne Regio- oder Geo­da­ten (also das sozia­le Wohn­um­feld) des Ver­brau­chers zur Bewer­tung und Berech­nung des Score­werts her­an­zu­zie­hen. Wird aus der Pro­jekt­idee Wirk­lich­keit, wür­de die SCHUFA damit sehr viel wei­ter gehen, als sie ihren Wett­be­wer­bern heu­te selbst vor­wirft. Edda Cas­tel­ló von der Ver­brau­cher­zen­tra­le Ham­burg nutzt gegen­über der FAZ bewußt den Begriff “Grenz­über­schrei­tung” für ein sol­ches Vorhaben.

Reak­tio­nen im Netz

Die Netz­welt reagiert sehr unter­schied­lich. Kom­men­ta­re von “Na und?” über “Geschieht den Face­book-Nut­zern ganz recht” bis hin zu “Der Unter­gang der Demo­kra­tie” fin­den sich zuhauf. Fin­di­ge Nut­zer bie­ten der­weil ein­kom­mens­star­ke Face­book-Freund­schaf­ten zum Ver­kauf an zwecks Ver­bes­se­rung des zukünf­ti­gen Score-Werts.

Schutz­mög­lich­kei­ten

SPIEGEL Online gibt aktu­ell Tipps, wie das eige­ne Face­book-Pro­fil wei­test­ge­hend abge­schot­tet wer­den kann, um nicht all­zu frei­zü­gi­ge Ein­bli­cke zu gewäh­ren. Das mehr zufäl­lig bekannt­ge­wor­de­ne Bei­spiel der SCHUFA, auch wenn es sich nur um eine Pro­jekt­idee han­deln soll, zeigt die Bedeu­tung des sorg­fäl­ti­gen Umgangs mit den eige­nen per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten bei der Nut­zung des Web 2.0. Es bleibt spannend.

Wie daten​schutz​be​auf​trag​ter​-info​.de so tref­fend anmerkt, ver­gibt die SCHUFA ein eige­nes Daten­schutz-Sie­gel. Wird hier der Bock zum Gärt­ner gemacht? 🙂

 

Der indi­zier­te Bür­ger — dank Steuer-ID

Der obers­te Daten­schüt­zer Deutsch­lands Peter Schaar bringt es auf den Punkt:

“Mei­ne Befürch­tun­gen hin­sicht­lich der zuneh­men­den Ver­wen­dung der Steu­er-ID in den ver­schie­dens­ten Lebens­be­rei­chen haben sich lei­der bestä­tigt. Ich stel­le mit Besorg­nis fest, dass die Ver­wen­dungs­mög­lich­kei­ten der Steu­er-ID schlei­chend aus­ge­wei­tet wer­den. Nicht nur Finanz­be­hör­den, son­dern auch Ban­ken, Ver­si­che­run­gen und Kran­ken­kas­sen ver­wen­den mitt­ler­wei­le die Steu­er-ID. Wer heu­te ein Kon­to eröff­nen will oder Eltern­geld bean­tragt, muss dafür sei­ne Steu­er-ID ange­ben. Damit droht die Steu­er-ID durch die Hin­ter­tür zu einem all­ge­mei­nen Per­so­nen­kenn­zei­chen zu wer­den, eine Ent­wick­lung, die von Ver­ant­wort­li­chen bei der Ein­füh­rung der Steu­er-ID vehe­ment bestrit­ten wurde.”

Schaar übt berech­tig­te Kri­tik an der Aus­wei­tung des ursprüng­lich ange­dach­ten Ein­satz­be­rei­ches der Steu­er-ID, weit über die Gren­zen der Steu­er­ver­wal­tung hinaus.

Durch die zuneh­men­de Abfra­ge und Spei­che­rung der ID, z.B. bei der Eröff­nung eines Bank­kon­tos oder der Bean­tra­gung von Sozi­al­leis­tun­gen ent­wick­le sich die Steu­er-ID immer mehr zu einem ein­deu­ti­gen Per­so­nen­kenn­zei­chen. Dies wur­de von den Ver­ant­wort­li­chen bei der Ein­füh­rung vor vier Jah­ren vehe­ment bestrit­ten, die Rea­li­tät sieht wohl anders aus.

Hilf­rei­che Datenschutz-Links

  • Wol­len Sie die Risi­ken aus dem Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz für Ihr Unter­neh­men mini­mie­ren? Eine pas­sen­de Lösung fin­den Sie sicher in unse­rem Leis­tungs­an­ge­bot.
  • Unsi­cher, ob für Ihr Unter­neh­men die gesetz­li­che Bestell­pflicht für einen (exter­nen) Daten­schutz­be­auf­trag­ten vor­liegt? Die Ant­wort gibt unser Daten­schutz-Quick-Check, sie­he Leis­tun­gen.
  • Sie wol­len eine unab­hän­gi­ge Prü­fung, wie gut es um Daten­schutz und Daten­si­cher­heit in Ihrem Unter­neh­men bestellt ist? Kein Pro­blem mit unse­ren Leis­tun­gen.
  • Schu­lungs­be­darf für Ihre Mit­ar­bei­ter? Zusätz­li­che Trai­nings und Work­shops rund um Daten­schutz und Daten­si­cher­heit? Erfah­ren Sie mehr über unse­re Schu­lun­gen und Semi­na­re.
  • Anlei­tun­gen, Rat­ge­ber und Links, die das täg­li­che Arbei­ten erleich­tern und hel­fen kön­nen, Daten­pan­nen zu ver­mei­den, fin­den Sie in der Rubrik Anlei­tun­gen /​ Rat­ge­ber.
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