Meldeämter geben Daten weiter — Zustimmung nicht notwendig, Widerspruch zwecklos
Meldeämter dürfen Einwohnerdaten zukünftig ohne aktive Zustimmung des Betroffenen an Werbetreibende weitergeben
und
Widerspruch ist zwecklos
Vergangenen Donnerstag, in der Nacht auf Freitag den 29.06.2012 änderte der Bundestag das Melderechtrahmengesetz (MRRG) unter dem Titel “Fortentwicklung des Meldewesens”. Darin lautet es lapidar unter § 44:
“Es ist verboten, Daten aus einer Melderegisterauskunft zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels zu verwenden, […] wenn die betroffene Person gegen die Übermittlung für jeweils diesen Zweck Widerspruch eingelegt hat. Dies gilt nicht, wenn die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden.”
Hat der Werbetreibende oder Adresshändler Ihre Daten (oder auch nur Teile) bereits im Altbestand, kann er jederzeit die Aktualisierung beanspruchen — und erhält damit alle noch fehlenden Daten frei Haus. Die Chancen, sich dieser Vorgehensweise zu entziehen, sind gering. Ziehen Sie um, wird einfach nach der neuen Anschrift angefragt. Sollten Sie Widerspruch bei der neuen Meldestelle eingelegt haben, so verpufft dieser wirkungslos. Dafür sorgt die zum 01. November 2014 inkraftretende Gesetzesänderung samt § 44.
Werbe-Industrie und Adresshändler haben wohl in dieser Nacht trotz des Ausscheidens der deutschen Nationalmannschaft die Champagner-Korken knallen lassen. Schutzbehörden und Datenschützer sind “not amused”, siehe auch eine aktuelle Stellungnahme des ULD hierzu.
Update vom 13.07.2012
Die WELT hat das zur Abstimmung über dieses Gesetz gehörige Video aus dem Bundestag online gestellt. Ein Dokument der Zeitgeschichte, wie in nur 57 Sekunden die Bürgerrechte ausverkauft werden.