Verleihung des Big Brother Awards
Am 01.04.2011 wurden die diesjährigen Big Brother Awards vergeben. Mag der eine oder andere Preisträger aufgrund des Termins den ganzen Vorgang als Aprilscherz betrachtet haben, so wäre es empfehlenswert, sich mit dem Thema Datenschutz zukünftig intensiver zu befassen.
Der Preis wird jährlich vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD e. V.) vergeben. Dieses Jahr im Rahmen einer gut besuchten Veranstaltung in Bielefeld. Längst hat der Big Brother Award sein Nischendasein aufgegeben und ist in den Blick der Öffentlichkeit gerutscht.
Preisträger im Bereich Kommunen und Behörden
Das Statistische Bundesamt wurde für die Planung und Durchführung des Zensus 2011 (Volkszählung) “geehrt”. In der Kritik stehen nicht nur die Speicherung von 27 Persönlichkeitsmerkmalen über einen Zeitraum von vier Jahren, sondern ebenfalls die Zusammenführung mit Angaben der Bundesagentur für Arbeit sowie weiterer Behörden. Der entsandte Vertreter wies die Kritik rethorisch ausgefeilt zurück.
Preisträger in der Kategorie Arbeitswelt
Einen der beiden Preise dieser Kategorie erhielt die Stuttgarter Daimler AG für ihre Praxis, von allen Bewerbern Bluttests zu verlangen. Auch wenn Daimler mittlerweile auf diese “moderne Form des Vampirismus” verzichtet, befand die Jury diese Vorgehensweise für auszeichnungswürdig.
Preisträger Kommunikation
Die beiden Preise dieser Kategorie sicherten sich Facebook und Apple. Die Begründung für Facebook lautet: “Für die gezielte Ausforschung von Menschen und ihrer persönlichen Beziehungen hinter der netten Fassade eines vorgeblichen Gratisangebots. Die gesammelten Daten speichert Facebook in den USA – Zugriff für Geheimdienste möglich, Löschen nicht vorgesehen.”
Apple brachte sich ins Gespräch mit den “firmeneigenen zweifelhaften Datenschutzbestimmungen”, denen die Käufer eines iPhones zustimmen müssen, wenn sie mit dem Gerät nicht nur telefonieren wollen.
Kategorie Verbraucherschutz
Für den Verstoß gegen den gesetzlichen Schutz von Schülerdaten durfte der Starnberger Verlag für Wissen und Innovation den diesjährigen Kategoriepreis entgegennehmen. Büchergutscheine konnten nur eingelöst werden, wenn die Daten des Schülers sowie mindestens eines Elternteils preisgegeben wurden.
Big Brother Award Politik
Eines der Highlights der jährlichen Verleihung ist die Vergabe des Awards in der Kategorie Politik. Diesen verdiente sich der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Auslöser war der erste nachgewiesene Einsatz einer Überwachungsdrohne während einer Demonstration und den Versuch, diesen Einsatz als rechtmäßige Nutzung der Spähtechnik darzustellen. Förderlich für die Jury war der Umstand, daß dabei der Einsatz von Schünemann geheimgehalten wurde, um die rechtzeitige datenschutzrechtliche Überprüfung durch den Landesdatenschutzbeauftragten zu umgehen.
Sie wollen sich als Unternehmen oder Behörde diesen Award ebenfalls verdienen?
Kein Problem. Mißachten Sie die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz — bewußt oder unbewußt, fallen Sie in der Presse durch negative Schlagzeilen z.B. durch Datenpannen auf oder profilieren Sie sich durch einen wenig kooperativen Umgang mit den Landesdatenschutzbehörden bei Datenschutzverstößen. Nun müssen Sie nur auf ausreichend negative Publicity in der Presse und im Web hoffen und Ihre Chancen steigen, für einen der nächsten Awards nominiert zu werden. Überlegen Sie sich nach der Nominierung frühzeitig hanebüchene Ausreden für Ihr Nichterscheinen bei der Preisverleihung oder der (in-) direkten Abwehr der Preisentgegennahme.
Der bessere Weg — fragen Sie Ihren Datenschutzbeauftragten
Wenn Sie doch kein so reges Interesse an einem Award für Ihr Unternehmen haben, dann fragen Sie doch einfach Ihren Datenschutzbeauftragten. Dieser unterstützt Sie bei der gesetzskonformen Umsetzung notwendiger Datenschutzmaßnahmen, um einen möglichen Imageschaden durch den Big Brother Award und der begleitenden Berichterstattung für Ihr Unternehmen von vornherein abwenden können. Sie haben keinen? Dann wird es möglicherweise höchste Zeit — sprechen Sie mich an. Vielleicht liegt ja sogar bereits eine Bestellpflicht für Ihr Unternehmen vor. Dann ist die Nichtbestellung sogar bußgeldbewehrt.