Viel und kontrovers diskutiert — ELENA. Doch was steckt dahinter?
Seit Jahresbeginn 2010 sind alle Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, Entgeltdaten Ihrer Arbeitnehmer an eine zentrale Datenbank der Deutschen Rentenversicherung elektronisch zu übermitteln. Grundlage sind Beschlüsse vom 28.03.2009 (das sog. ELENA-Verfahrensgesetz) im Rahmen der Hartz-Gesetze zur Entbürokratisierung. Begründung: hohe Einsparpotentiale durch Ersatz der Papierflut bei Einkommensnachweisen für den Erhalt von Sozialleistungen wie Wohngeld, Arbeitslosengeld, Kindergeld etc.
Übermittelt und gespeichert werden neben den reinen Entgeltdaten (was der Name ELENA impliziert) zusätzliche Angaben wie
- Besteuerung
- Sozialversicherungsverhältnisse
- Beginn und Ende des Beschäftigtenverhältnis
- Abmahnungen
- Kündigungsgründe.
Ursprünglich angedacht war ebenfalls die Übermittlung von Streik- und Aussperrungszeiten. Diese werden nach Protesten mittlerweile nur noch als “sonstige Fehlzeiten” erfasst.
Für die Sicherheit der Daten von ELENA soll ein pseudonymisiertes Ablageverfahren sorgen, heisst die Angaben werden nicht unter dem Realnamen des Arbeitnehmers abgespeichert. Mittels einer Signaturkarte gibt ab 2012 ein Beschäftigter der anfragenden Stelle seine gespeicherten Daten in ELENA frei. Die anfragende Behörde muss sich ebenfalls legitimieren und für den Zugriff berechtigt sein.
Kritisiert werden seitens der Datenschützer, aber auch von anderer Seite:
- die Anlage einer hochsensiblen zentralen Datenbank mit Daten über ca. 40 Millionen Arbeitnehmer
- die Möglichkeit, sich mittels der Daten ein umfangreiches Bild über die wirtschaftliche Situation des Betroffenen verschaffen zu können
- die lange Speicherdauer von 5 Jahren
- die Verschlüsselung der Daten erst nach Eingang bei ELENA
Am 31.03.2010 wurde gegen ELENA beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde durch den FoeBuD e.V., weiteren Datenschutzorganisationen und den prozessbevollmächtigten Anwälten Meinhard Starostik und Dominik Boecker eingereicht. Begründung: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen werde durch Art und Umfang verletzt. Die notwendigen 21.000 Unterzeichner für eine solche Beschwerde wurden zuvor mit entsprechendem medialen Aufwand gesammelt.
Update 04.07.2010:
Focus online berichtet in seiner heutigen Online-Ausgabe, daß Wirtschaftsminister Brüderle geneigt ist, die umstrittene und umfängliche Arbeitnehmerdatenspeicherung ELENA auf unbestimmte Zeit auszusetzen — aus Kostengründen. Die Belastungen für die öffentlichen Haushalte dürften nicht explodieren. Eine wirkliche Entlastung für den Mittelstand sieht er ebenfalls noch nicht als erwiesen an.
Update 21.07.2010:
Es ist anscheinend bei der Neigung geblieben, ELENA zu stoppen. Nach ersten hitzigen Diskussionen und zahlreichen Medienberichten ist das Thema in der Versenkung verschwunden. Keiner der Beteiligten verliert mehr ein Wort über den möglichen Stopp oder das vorzeitige Aus von ELENA. Ich halte Sie informiert.
Update 22.09.2010:
Laut einer Meldung der c’t lehnt das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag gegen ELENA ab. Es verweist auf das Hauptsacheverfahren, das in 2011 folgen wird.
Update 21.11.2010:
Wenn nun auch andere Gründe ausschlaggebend waren, als die ursprünglichen Befürworter eines ELENA-Stopps ins Feld führten, so ist es nun doch amtlich. DIE ZEIT online berichtet, der Start der Datenübermittlung mit ELENA ist auf den 01.Januar 2014 verschoben — aus Kostengründen. Inwieweit die schon in 2010 gestartete Datenübertragung — als erste Stufe von ELENA — an die zentrale Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung von diesem Stopp ebenfalls betroffen ist, steht noch nicht fest.
3 Responses
Meinhard macht das Verfahren nicht alleine, sondern es ist ein zweiter Anwalt mit an Bord.
Aber danke für das Update.
VG
Dominik
Hallo Herr Boecker!
Sie haben vollkommen recht. Selbstverständlich habe ich den beteiligten Anwalt entsprechend im Artikel ergänzt.
Schönen Abend
[…] https://bdsg-externer-datenschutzbeauftragter.de/allgemein/elena-elektronischer-entgeltnachweis‑h… […]