Monitorwand mit grossem Auge

Die Coro­na-Pan­de­mie hat der Arbeits­welt gezeigt, dass es auch anders gehen kann bezie­hungs­wei­se anders gehen muss. Die Lern­kur­ve in Bezug auf mobi­les Arbei­ten, Arbei­ten aus dem Home Office und der dazu­ge­hö­ri­gen Nut­zung digi­ta­ler Tools wie Video­kon­fe­ren­zen war für zahl­rei­che Orga­ni­sa­tio­nen beacht­lich steil. Und als net­ten Neben­ef­fekt haben sich die Her­stel­ler von Head­sets und Web­cam dar­über auch sehr gefreut. Weni­ger erfreut sind die Ver­mie­ter von Büro­flä­chen, was auch nach­voll­zieh­bar ist. In der Fol­ge muss­ten sich auch Füh­rungs­kräf­te zwangs­läu­fig umstel­len. Denn die anver­trau­ten Mit­ar­bei­ter waren nun nicht mehr von “9 to 5” (Grü­ße an Dol­ly Par­ton) im Büro anwe­send und damit qua­si ihrer Auf­sicht ent­zo­gen. Und da gin­gen für die eine oder ande­re Füh­rungs­kraft die Pro­ble­me und Sor­gen los. 🙂

“Kon­trol­le von Beschäf­tig­ten im Home­of­fice” (Kapi­tel 11.2)

Das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Daten­schutz­auf­sicht (kurz BayL­DA) — zustän­dig für nicht-öffent­li­che Stel­len, also Unter­neh­men in Bay­ern hat dazu einen inter­es­san­ten Arti­kel im 12. Tätig­keits­be­richt 2022 (Sei­te 54) geschrie­ben. Und die behan­del­ten Anfra­gen rund um das The­ma Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung im Home Office hal­ten wir für erschre­ckend. Eigent­lich waren wir aber dann doch nicht wirk­lich über­rascht, da uns selbst zu Beginn von Coro­na eine Anfra­ge einer kom­mu­na­len Füh­rungs­kraft erreich­te: “Dür­fen wir unse­re Mit­ar­bei­ter im Home Office dazu ver­pflich­ten, sich zu Dienst­be­ginn in einem Video­ka­nal anzu­mel­den, in dem alle Mit­ar­bei­ter im Home Office auf­ge­schal­tet sind, und die Video­ka­me­ra den gan­zen Tag anzu­las­sen? Nur so kön­nen wir fest­stel­len, ob sich der Mit­ar­bei­ter wäh­rend der vor­ge­schrie­be­nen Arbeits­zeit am Schreib­tisch auf­hält. Die fort­lau­fen­de Sicht­kon­trol­le den Tag über wür­de ich als Füh­rungs­kraft von mei­nem PC aus durch­füh­ren.” Und damit ist eigent­lich auch schon viel zum The­ma Füh­rungs­kraft, aber auch der Akzep­tanz von new work gesagt 🙂

Doch schau­en wir mal in den Arti­kel des BayL­DA. Kern­the­ma der Anfra­gen war die daten­schutz­recht­li­che Zuläs­sig­keit einer Über­wa­chung der Mit­ar­bei­ter im Home Office. Und hier wur­den teil­wei­se wirk­lich schwe­re Geschüt­ze aufgefahren.

New work und GPS-Überwachung

Ein Arbeit­ge­ber woll­te die phy­si­ka­li­sche Anwe­sen­heit des Mit­ar­bei­ter im Home Office mit­tels GPS-Ortung sicher­stel­len. Beim Lesen des Tätig­keits­be­richts hat­ten wir bild­lich einen Mit­ar­bei­ter mit ange­leg­ter elek­tro­ni­scher GPS-Fuß­fes­sel vor Augen. Auf­grund des erheb­li­chen Miß­brauch­po­ten­ti­als die­ser Tech­no­lo­gie emp­fahl das BayL­DA auf mil­de­re Mit­tel wie z.B. einen Kon­troll­an­ruf per Tele­fon aus­zu­wei­chen. Die Nut­zung einer hier­für genutz­ten pri­va­ten Ruf­num­mer des Mit­ar­bei­ters wäre über die Infor­ma­ti­ons­pflich­ten nach Art. 13 DSGVO zu beschrei­ben und — sofern schon in den Stamm­da­ten vor­han­den — eine nach­träg­li­che Zweck­än­de­rung durch­zu­füh­ren und zu doku­men­tie­ren. Das BayL­DA schreibt im Zusam­men­hang mit die­sen Anru­fen zu Kon­troll­zwe­cken von Stich­pro­ben­an­ru­fen. Eine Stich­pro­be defi­niert sich dadurch, dass nicht alle Mit­ar­bei­ter im Home Office ange­ru­fen wer­den und auch nicht alle 30 Minu­ten das Tele­fon klin­gelt 🙂 Oder wie es das BayL­DA for­mu­liert: “Die Häu­fig­keit der Stich­pro­ben­kon­trol­len muss sich dabei an der Erfor­der­lich­keit und Ver­hält­nis­mä­ßig­keit mes­sen las­sen.” Als Rechts­grund­la­ge kann sich das BayL­DA Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO vorstellen.

New work und Kon­trol­le (in) der Wohnung

Wie schreibt es das BayL­DA: “…, kri­tisch zu sehen.” Stich­wort: Unver­letz­lich­keit der Wohnung.

New work und Keylogger

Den Ein­satz von Key­log­gern (also das auto­ma­ti­sier­te und fort­lau­fen­de Auf­zeich­nen der gedrück­ten Tas­ten im Hin­ter­grund) stuft das BayL­DA als nicht zuläs­sig ein. Aus­nah­me: Einen auf kon­kre­te Tat­sa­chen gegrün­de­ten Ver­dacht zumin­dest einer schwer­wie­gen­den Pflicht­ver­let­zung oder Straf­tat. Gute Füh­rungs­kräf­te wis­sen, dass eine Über­wa­chungs­pa­ra­noia auf Ver­dacht damit nicht zu legi­ti­mie­ren ist.

Fazit

New work ist natür­lich mehr als das Arbei­ten im Home Office. Für vie­le Orga­ni­sa­tio­nen war durch Coro­na das Home Office jedoch ein ers­ter Kon­takt mit die­sem wirk­lich span­nen­den und zukunfts­träch­ti­gen The­ma. Das sich die Arbeits­welt und auch die Art, wie Arbeit geleis­tet wird, in einer umfas­sen­den Pha­se der Ver­än­de­rung sind, ist nicht zu bestrei­ten. Die Fra­ge ist, wie geht man als Orga­ni­sa­ti­on und als Füh­rungs­kraft damit um? Das der Daten­schutz einem über­bor­den­den Kon­troll­zwang einen Rie­gel vor­schiebt, mag die eine oder ande­re Füh­rungs­kraft nega­tiv emp­fin­den. Dazu soll­te man sich aber, mit einem Augen­zwin­kern, vor Augen hal­ten, dass die Leib­ei­gen­schaft dann doch schon vor eini­gen Jah­ren abge­schafft wur­de. 🙂 Ob der Auf­wand für die­se zuvor skiz­zier­ten Bei­spie­le inner­li­cher Kon­troll­zwän­ge im Ver­hält­nis zu dem mög­li­cher­wei­se ver­mut­lich fest­ge­stell­ten Arbeits­zeit­ver­lust besteht, darf man ruhig in Zwei­fel ziehen.

New work defi­niert unter dem Begriff new lea­der­ship: “Eine Ver­trau­ens­kul­tur und Empa­thie erset­zen streng hier­ar­chi­sche Füh­rungs­sti­le. Haupt­auf­ga­be der neu­en Füh­rungs­kräf­te ist es, die Mit­ar­bei­ter­zur Eigen­ver­ant­wor­tung zu befä­hi­gen und ihre Stär­ken zu för­dern.” Und dem steht der Daten­schutz mit Sicher­heit nicht im Weg 😉

 

 

 

 

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