In unserem Beitrag vom 23.03.2020 zum Einsatz von mobilgerätebasierter Gesundheitsprävention haben wir berichtet, dass eine Corona App auch hierzulande geplant ist, sowie über Aspekte, die aus Datenschutzsicht sorgfältig zu prüfen und zu planen sind.
Mittlerweile wurde kurz vor der geplanten Veröffentlichung eine lauffähige Version der Corona App von TÜVit geprüft und es gibt Nachholbedarf. Gegenüber heise.de äußern die Prüfer u.a. Kritik an dem kurzfristigen Starttermin. Insgesamt habe man laut TÜVit wiederholt die (sogar kostenfreie) Prüfung angeboten und letztlich unter Zeitdruck durchführen müssen.
Angesichts dessen, dass inzwischen eine Lockerung und Anti-„Maulkorb“-Demo die andere jagt und seit mehr als 7 Jahren die drohende SARS-Pandemie und deren Bekämpfungsmethodik bekannt ist (Bundestagsdrucksache 17/12051 aus 2012 / 2013, Seiten 5, 55 ff. ), kann man hier nicht unbedingt von einem agilen Krisenmanagement sprechen.
Sicherheitsaspekte der neuen Corona App
Die Prüfung der Corona App erfolgte im Auftrag des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) in Bezug auf Sicherheitsmaßgaben und Einhaltung der angekündigten Privatsphärestandards wie z.B. der Standortermittlung.
Eine Schwachstelle bestünde laut TÜVit darin, dass Patienten zwar verschlüsselt abspeichern können, positiv auf Corona getestet worden zu sein, um etwaige Kontakte mit Infizierten zu prüfen, die genutzte Verschlüsselungslogik jedoch fehlerhaft ist. So bestehe die Möglichkeit, einen Teil der Logik ohne größere Schwierigkeiten auszulesen, um beliebig Falschmeldungen infizierter Personen zu generieren.
Damit könnte die gesamte Datenhaltung und somit auch der angedachte Nutzen der App ad absurdum geführt werden und bewusst provozierte Fehlalarme noch größere Verunsicherung bei den Bürgern verursachen. Dieser Angriffspunkt ist in Fachkreisen seit geraumer Zeit bekannt.
Dass man bei derlei Umsetzungen gegen destruktiv motivierte IT-Expertise nicht hinreichend aufrüstet, sondern IT-Experten wie etwa Datenschutzaufsichtsbehörden als Bremser hinstellt, wenn diese begründete Sicherheitsbedenken anmelden, ist schwer nachvollziehbar.
Bereits vor der TÜVit Prüfung wurde der Quellcode veröffentlicht. Hier besteht insb. bei einem Multimillionen-Projekt keine Notwendigkeit. Dafür kann sich die Hackerszene schon einmal im Vorfeld einlesen. Andererseits wollte man gerade in Bezug auf die herrschenden Datenschutzbedenken mit größtmöglicher Transparenz reagieren.
Datenschutz und Privatsphäre
In Bezug auf die Privatsphäre lässt TÜVit Positives verlauten. Bei dem geprüften Entwicklungsstand der Corona App sei von Leaks nicht auszugehen und unerwartete Trackinglogik habe man in der Version nicht feststellen können.
Die Entwicklung und Sicherheitsdokumentation der Corona App wurde vom BSI u.a. durch Penetrationstests (Pentests) und Überprüfungen von Programmcode begleitet. Dabei konnten Schwachstellen gesichtet und seitens der Entwicklung behoben werden. Die Sicherheitsdokumentation kommt zu dem Schluss, dass die Corona App “alle für diese App zutreffenden Anforderungen aus der technischen Richtlinie TR 03161 – Sicherheitsanforderungen an Digitale Gesundheitsanwendungen” des BSI erfüllt. Und auch zukünftig wird die Weiterentwicklung der App vom BSI begleitet. Die zugehörige Pressemitteilung finden Sie hier.
Weitere Informationen zu Datenschutz- / technischen Aspekten liefert eine Studie aus dieser Woche (09.06.2020) der Unis Darmstadt, Marburg und Würzburg.
Prüfauftrag der Corona App war limitiert
Laut TÜVit wurde der Auftrag zur Durchleuchtung der Entwicklung auf bestimmte Bereiche begrenzt. Ausgenommen von der Prüfung waren Systemfeatures von Apple / Google und das Backend des eigentlichen Datenservers. Ferner sei die Verschlüsselungslogik für die auf dem Mobilgerät gespeicherten Daten nicht Gegenstand der Prüfung gewesen.
Fazit zum aktuellen Stand der Corona App
Das Vorgehen bei der Sicherheit der Corona App steht in Widerspruch zu dem Bestreben, Vertrauen in diesen Lösungsansatz zu stärken. Es stellt sich die Frage, ob nicht diejenigen, welche die Corona App gerne installieren, um sich und Mitbürger zu schützen, ohnehin mit gesundem Menschenverstand an Präventionsmaßnahmen herangehen, während anderen Anwendern ein weiterer Schritt in die Unmündigkeit vorgelegt wird, sich dann ggf. nur noch auf die App zu verlassen.
Intransparente technische Umsetzung in Kombination mit dem Aspekt der Freiwilligkeit und mäßigem Marketing lassen an einem positiven Effekt auf Verantwortungsgefühl und Infektionsrate nach derzeitigem Kenntnisstand zur Zeit leider noch zweifeln.
Intransparente technische Umsetzung in Kombination mit dem Aspekt der Freiwilligkeit en Effekt auf Verantwortungsgefühl und Infektionsrate nach derzeitigem Kenntnisstand zur Zeit leider noch zweifeln.
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