“Datenschutz geht zur Schule”
2 Tage “Datenschutz geht zur Schule” sind zu Ende. Drei Mitglieder des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten e.V. hatten alle Hände voll zu tun, um mehrere Schulklassen der Stufen 5 bis 9 einer fränkischen Hauptschule ehrenamtlich für die Themen Datenschutz und Verhalten im Netz zu sensibilisieren. Zwecks Manöverkritik suchen sie nach getaner Arbeit ein im Ort erst vor kurzen eröffnetes Café auf.
Wieso leckerer Apfelkuchen irgendwie nicht richtig munden will …
Schnell sind Milchkaffee und Kuchen geordert, da schaut der Erste verdutzt durch den angenehm und gemütlich gestalteten Raum und fängt an, zu zählen. Die beiden Kollegen werden aufmerksam und staunen nicht schlecht. Sage und schreibe fünf (5!) sog. Dome-Kameras überwachen das komplette Café samt Eingangsbereich und Zugang zu den sanitären Einrichtungen. Ein Blick zur Tür bestätigt die Vermutung: KEINE Hinweisschilder auf die im Innenraum zu erwartende Videoüberwachung und Aufzeichnung. Der mittlerweile servierte Apfelkuchen will nicht mehr so richtig munden.
Alles rechtens, meint der Gastwirt …
Das Trio bittet den Gastwirt an den Tisch, der dieser Einladung schnell und freundlich folgt. Nach einer kurzen Vorstellung erläutern sie ihm die rechtliche Situation. Nach § 6b BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) ist die Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche nur unter gewissen Voraussetzungen statthaft und auch nur, wenn keine schutzwürdigen Interessen der Gefilmten entgegenstehen. Die Argumente wie Einbruchschutz oder Verfolgung von Taschendiebstahl an Gästen hinterlassen einen faden Nachgeschmack. Dieser wird jedoch richtig bitter, als eine Aufzeichnungsdauer von ca. 30 Tagen in die Runde geworfen wird. Die Grenzen der gebotenen Verhältnismäßigkeit sind damit deutlich überschritten.
Von der Richtigkeit seines Handelns nach wie vor überzeugt, wendet der Gastwirt ein, die Firma, welche ihm die Überwachungsanlage verkauft und installiert habe, hätte ihm die Konformität mit dem Datenschutzgesetz versichert. Was Wunder. Und außerdem sei die Gewerbeaufsicht dagewesen und hätte den Betrieb abgenommen. Nur ist für das Thema Videoüberwachung die Landesdatenschutzbehörde zuständig und nicht die Gewerbeaufsicht.
Ein gutgemeinter Tipp
Die Drei versichern dem Wirt, nicht bei der Landesdatenschutzbehörde vorstellig zu werden. Schließlich wollen sie ihn ja lediglich auf den Mißstand hinweisen und ihm die Möglichkeit geben, die jetzige Situation zu ändern. Spätestens wenn sich ein Gast bei der Behörde über die umfassende Videoüberwachung beschwert oder eine stichprobenartige Überprüfung die Behörde auf die ausufernde Überwachung aufmerksam macht, wird es für den Betreiber “ungemütlich”. Sogar ein Bußgeld wäre nicht auszuschließen, würde er seine Argumentationslinie gegenüber der Behörde aufrechterhalten, statt einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen.
Als Beispiel führen sie die aktuelle rechtliche Auseinandersetzung mehrerer Landesdatenschutzbehörden gegen die ECE-Gruppe an, die als Betreiber zahlreicher Einkaufszentren derzeit aufgrund ausufernder Videoüberwachung ins Visier der Behörden geraten ist. Mit dem gutgemeinten Tipp, doch einfach mal nach dem Thema im Internet Ausschau zu halten, um sein Risiko der aktuellen Überwachung besser einschätzen zu können, beenden alle Beteiligten das Gespräch und gehen freundlich auseinander.
Drei mal dürfen Sie raten …
… ob die beteiligten Datenschützer das Café wieder mal besuchen werden, vielleicht mal mit Familie und Freunden? Vorerst nicht — und das liegt nicht an dem wirklich ausgezeichneten Kaffee und Kuchen.
Videoüberwachung richtig einsetzen
Planen Sie in Ihrem Unternehmen den Einsatz von Videoüberwachung von Kunden und / oder Mitarbeitern? Oder ist die Überwachung bei Ihnen bereits aktiv? Dann sprechen Sie mit Ihrem Datenschutzbeauftragten, prüfen mit ihm die rechtliche Zulässigkeit und die technische Umsetzung. Sie haben noch keinen Datenschutzbeauftragten? Dann sprechen Sie mich an — vielleicht liegt sogar bereits eine gesetzliche Bestellpflicht für Ihr Unternehmen vor! Es drohen Bußgelder.
- Leitfaden des ULD zum Thema “Videoüberwachung”
2 Responses
@pfhllnts Wo wir beraten, ist alles brav beschildert. Aber ich weiss, was Sie meinen — ‚Gehen drei Datenschützer in… https://t.co/m3n4Yo2SVQ
Hallo Herr Kuhrau,
an das Erlebnis kann ich mich gut erinnern. Letzte Woche war ich tatsächlich noch mal mit einigen Bekannten in besagtem Café und es hat sich, wie erwartet, nichts getan. Die Kameras hängen noch unverändert und die im damaligen Gespräch angekündigte Ausschilderung wurde ebenfalls noch nicht vorgenommen.
Als ich meine Begleiter auf die Kameras angesprochen habe, waren diese recht erstaunt, da Ihnen die Kameras vorher gar nicht aufgefallen waren. Die Notwendigkeit für diese Videoüberwachung konnten diese aber ebenfalls nicht erkennen. Mal sehen, wer von denen in Zukunft dort noch seinen Kaffee geniesst.
Ich gehe davon aus, es muss tatsächlich erst weh tun, bevor sich etwas ändert.
Viele Grüße
Patric Rudtke